MARKTPERSPEKTIVEN
Die US-Wirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten beeindruckend entwickelt und stellte die anderen grossen Volkswirtschaften in den Schatten. So lag der Anteil der USA am BIP der G7-Staaten im Jahre 1990 bei ca. 40%; heute macht er mehr als die Hälfte aus. Was waren die wichtigsten Gründe dafür? Die USA schneiden besonders bei der Steigerung der Produktivität im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut ab, denn niemand sonst investiert so viel in Forschung und Entwicklung wie die USA. Ein weiterer Faktor ist der Shale-Boom (Erschliessung von Schieferöl- und -gas durch Fracking), der sie zum Selbstversorger bei Öl und Gas machte und die Preise tief hält. Ebenfalls unterstützend wirken der grosse, einheitliche Markt, relativ wenig Regulation und nicht zuletzt die Immigration.
Nach der erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten stellt sich die Frage, ob das Erfolgsmodell gefährdet ist. Aggressive Rhetorik gegen Einwanderer und für neue Zölle lassen auf den ersten Blick Schlimmes befürchten. Für eine realistische Einschätzung muss man sich vor Augen führen, was Donald Trump seinen Wählern versprochen hat: Tiefere Preise und weniger Immigration.
Die beiden Punkte beissen sich aber: Die USA sind im Tieflohnbereich auf günstige Immigranten angewiesen, beispielsweise in der Landwirtschaft oder bei der Fleischverarbeitung. Entsprechend ist Widerstand bei Einschränkungen vorprogrammiert. Trump dürfte sich deshalb vor allem auf den Asylbereich und die Emigration krimineller Ausländer konzentrieren. Widersprüche gibt es auch bei den Zöllen: Neue hohe Einfuhrabgaben, vor allem auf Konsumprodukte, würden nur die Inflation anheizen, was diametral zum Wahlversprechen steht. Die Trump-Administration wird deshalb hohe Zölle nur punktuell einführen und sie vor allem als Drohung verwenden, um gute Handelsabkommen zu erreichen. Die «Zoll-Pistole» ist zwar geladen, aber ob sie auch abgefeuert wird, ist alles andere als sicher.
Zusammenfassend sind wir der Ansicht, dass die US-Wirtschaft auch unter der Trump-Präsidentschaft weiter prosperieren wird. Die eingangs geschilderten, fundamentalen Stärken werden intakt bleiben und das Geschehen dominieren. An Veränderungen, die durchaus zu erwarten sind, werden sich die Unternehmen anpassen, so wie sie es bereits in der ersten Amtsperiode Trumps oder unter anderen Administrationen bewiesen haben.
Abschliessend noch ein Blick auf die Schweiz: Die USA sind für unser Land der wichtigste Exportmarkt und deshalb sind die dortigen Entwicklungen von besonderer Bedeutung. Es ist nicht auszuschliessen, dass einzelne Unternehmen, die nur in der Schweiz produzieren, durch die Androhung oder Einführung von Zöllen unter Druck geraten könnten. Auf der anderen Seite identifizieren wir zahlreiche Gewinner, vor allem wenn es zu der beabsichtigten Reindustrialisierung in den USA kommt. Dazu gehören beispielsweise Holcim, die ihr Amerika-Geschäft ausgliedert und im nächsten Jahr an der US-Börse kotieren lässt, Lonza, die kürzlich eine grosse Produktionsanlage in Kalifornien kaufte oder auch Belimo, welche ihre Kapazitäten in den USA ausbaute. Trumps Strategie «America first» bietet damit auch Schweizer Firmen gute Chancen, von der wirtschaftlichen Entwicklung zu profitieren.
Giorgio Saraco
Teilhaber
Konjunktur
Während die Volkswirtschaften in der Eurozone und China nicht richtig vom Fleck kommen, geht es in den USA weiterhin vorwärts. Hauptverantwortlich dafür ist der Privatkonsum, der keine Ermüdungserscheinungen zeigt. Insgesamt wächst die US-Wirtschaft gemäss den Berechnungen des Fed Atlanta mit einer Rate von 2.5% (annualisiert, ggü. Vorquartal). Damit zeichnet sich statt einer weichen Landung eher eine leichte Wachstumsbeschleunigung ab.
In der Eurozone zeichneten die Einkaufsmanager-Indizes im November kein erfreuliches Bild. Neben dem bereits schwachen Industrie-Index, fiel nun auch noch jener des Dienstleistungssektors auf ein 10-Monatstief von 49.2. Einen kleinen Hoffnungsschimmer lieferte die leichte Erholung der Einzelhandelsumsätze vom September. Nichtsdestotrotz bleibt eine flaue Wirtschaftsentwicklung das wahrscheinlichste Szenario.
In China ist der Exportsektor weiterhin ein Lichtblick in der Wirtschaft. Der Privatkonsum konnte sich nach einer Schwäche während dem Sommer im Oktober leicht erholen. Für eine nachhaltige Erholung braucht es aber eine Stabilisierung im Immobilienmarkt, die nach wie vor auf sich warten lässt. Ein akutes Problem ist die Deflation auf Stufe Konsum, aber noch mehr bei den Produzentenpreisen, die im Oktober gegenüber dem Vorjahr um 2.9% sanken.
Aktien
Nach der Wahl von Donald Trump dominierten Schlagzeilen um neue Zölle und Nominationen von Schlüsselpersonen für die Administration das Geschehen an den Märkten. Während die US-Börsen von seiner Politik «America first» profitierten, litten jene in Europa und Asien. Ob all den Schlagzeilen rückten die fundamentalen Daten etwas in den Hintergrund. Und auch diese sprechen für die USA: So stieg das Gewinnwachstum im S&P 500 im 3. Quartal um etwa 8%, während es in der Eurozone um 7.8% zurückging. Schlecht entwickelte sich neben dem Energiesektor vor allem der zyklische Konsum, wo sich die Gewinne halbierten. Entsprechend erstaunt die Performance der Börsen im November nicht: S&P 500 +5.3% und Euro Stoxx -1.2%. Der SPI und der SMIM bewegten sich mit -1.2% bzw. -0.9% im Rahmen der europäischen Pendants. Zu den Gewinnern zählten Finanzwerte wie z.B. Swiss Re, während Nestlé den Abwärtstrend fortsetzte.
Was ist für den Börsenmonat Dezember zu erwarten? Nach der guten Performance, allen voran in den USA, deuten die Zeichen auf eine Konsolidierung hin. Die Berichtssaison der Unternehmen ist vorbei und der Markt hat bereits positiv auf die Wahl von Donald Trump reagiert. Der Fokus richtet sich nun mehr auf die Notenbankpolitik und da könnte sich Jerome Powell angesichts der guten Wirtschaftslage mehr Zeit für Zinssenkungen lassen, als die Märkte erwarten.
Zinsen
Ängste vor ausufernden Budgetdefiziten unter Trump führten zu einem Renditeanstieg bei zehnjährigen Staatsanleihen, wobei sich die Lage in der zweiten Novemberhälfte wieder beruhigte. Probleme beim Staatshaushalt belasteten auch den Bondmarkt in Frankreich, womit griechische Staatsanleihen mit ca. 3% erstmals gleich rentierten wie die vermeintlich sicheren französischen. In der Schweiz sanken die Zinsen auf 0.3% und erreichten damit den tiefsten Stand seit März 2022.
Dass die SNB, falls nötig, erneut Negativzinsen einführen könnte, dürfte eine Rolle gespielt haben. Die SNB steht diesbezüglich unter Druck, weil sich der EUR gegenüber dem CHF weiter abgeschwächt hat. Der Druck wird nicht kleiner, denn die EZB dürfte angesichts der schlechten Wirtschaft die Zinsen aggressiv senken. Der neue SNB-Präsident Martin Schlegel steht vor einer schwierigen Aufgabe.
Impressum
© BAM 2024. Alle Rechte vorbehalten.
Herausgeber: Belvédère Asset Management AG
Autoren: Giorgio Saraco, Matthias Wullschleger
Redaktionsschluss: 28.11.2024
Matthias Wullschleger
Senior Investment Analyst
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