Sind KI-Aktien in einer Bubble, und falls ja, wann platzt sie? Giorgio Saraco, Leiter Asset Management, nahm heute Stellung in einem Interview bei 20 Minuten.
Herr Saraco, KI-Firmen wie OpenAI und Anthropic haben Milliardenbewertungen, sind diese gerechtfertigt?
Giorgio Saraco: Die beiden Unternehmen sind nicht börsenkotiert, daher fehlt die volle Transparenz. Generell erscheinen die Bewertungen hoch, was typisch ist für Zukunftstechnologien. Ein gewisser Teil ist aber gerechtfertigt: Die Unternehmen verzeichnen starkes Umsatzwachstum, verfügen über technologische Führungspositionen und enorme Skalierungsmöglichkeiten.
Gibt es auch Risiken?
Man sollte im Blick behalten, dass aktuelle Gewinne noch begrenzt sind und ein erheblicher Teil der Bewertung auf zukünftigen Erwartungen basiert. Für Investoren heisst das: chancenreich, aber mit erhöhtem Risiko.
Sogar OpenAI-CEO Sam Altman sagt, die Investoren seien übermässig begeistert. Sehen Sie das auch so?
Ja, die Euphorie ist spürbar: Der Nasdaq hat jüngst ein Allzeithoch erreicht, getrieben durch Gewinnwachstum und enorme Innovationskraft. Entscheidend ist, ob reale Fundamentaldaten diese tragen. Viele KI-Firmen sind aber profitabel, ihre Technologien finden breite Anwendung. Trotzdem besteht die Gefahr, dass Anleger überhöhte Erwartungen einpreisen.
Welche Rolle spielt die US-Notenbank Fed? Senkt sie die Zinsen, könnten die Kurse weiter steigen. Also doch noch keine Blase?
Euphorie alleine macht noch keine Blase. Sinkende Zinsen sind Rückenwind für den Aktienmarkt, solange die Konjunktur stabil bleibt. Der Markt rechnet für die USA bis zum Ende des ersten Quartals 2026 mit drei bis vier Zinssenkungen. Das unterstützt die Bewertungen, die zwar hoch sind, aber nicht völlig überzogen. Beginnt die Fed im September mit einer ersten Zinssenkung und signalisiert weitere, könnte das die aktuelle Rally nochmals verlängern. Weitere Elemente sind die US-Zölle und die Fiskalpolitik, die achtsam zu verfolgen sind.
Was braucht es, dass es eine grössere Marktkorrektur gibt?
Es braucht einen deutlichen und raschen Wirtschaftsabschwung. Sobald Unternehmensgewinne stagnieren oder zurückgehen, insbesondere im hoch bewerteten Technologiesektor, könnten die Kurse stark unter Druck geraten. Entscheidend ist also nicht alleine die Bewertung, sondern ob das Gewinnwachstum tragfähig bleibt.
Kann man eine Parallele zum Dotcom-Crash ziehen?
Der Vergleich liegt nahe, aber die Ausgangslage ist anders. Um das Jahr 2000 fehlten den meisten Firmen tragfähige Geschäftsmodelle und Gewinne; steigende Zinsen gaben dem Markt den Rest. Heute sehen wir sinkende Zinsen, etablierte Tech-Giganten mit hohen Margen und breite Investitionen in KI-Technologien quer durch alle Branchen. Die Parallele liegt eher in der Euphorie: Damals war es das Internet, heute ist es Künstliche Intelligenz. Der fundamentale Unterbau ist aber robuster.
Wie sollen Anlegerinnen und Anleger, die Technologieaktien investiert haben, denn nun vorgehen?
Für Investoren im Technologiesektor ist es ratsam, Chancen zu nutzen, aber sich gleichzeitig mit einer soliden Diversifikation abzusichern. Euphorie ist ein schlechter Ratgeber. Wer langfristig investiert, sollte neben Innovationswerten auch defensive Titel im Portfolio halten.